Man kann alles auch anders sehen

Man kann alles auch anders sehen

Schicksalsgeschichten

von Elisabeth Wellendorf |

Im ersten Teil sind es Schicksalsgeschichten und -begegnungen vor allem aus ihrer Kindheit und im zweiten solche aus der Arbeit mit ihren - meist noch kleinen und oft nicht mehr zu heilenden - Patienten.


EAN 9783932386053

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»Gewiss ist es fast wichtiger, wie der Mensch sein Schicksal nimmt, als wie sein Schicksal ist.«

WILHELM VON HUMBOLDT

Die Autorin beschreibt mit leisen Tönen Begegnungen mit Kranken, Todgeweihten, Außenseitern, Unangepassten und von der Gesellschaft Ausgestoßenen. Im ersten Teil sind es Schicksalsgeschichten und -begegnungen vor allem aus ihrer Kindheit und im zweiten solche aus der Arbeit mit ihren – meist noch kleinen und oft nicht mehr zu heilenden – Patienten. Daraus ist ein bewegendes Buch geworden, das seinen Zauber erst entfaltet, wenn man Zeit hat zum Sinnen und Lauschen und jede Geschichte nachklingen kann. Dann wird man bemerken, wie diese Schicksalsgeschichten ein Licht verbreiten, das von innen her wächst.

»Als ich Kind war – ich glaube, ich muss so sieben Jahre alt gewesen sein – und das Frühjahr noch jung, brach durch die dicke Wolkendecke die Sonne und malte durch die noch kahlen Bäume hindurch einen warmen, hellen Lichtfleck auf meinen Weg. Ich zog Mantel, Schuhe und Strümpfe aus und stellte mich mitten hinein und fühlte mich so glücklich, dass ich mir wünschte, diesen Augenblick nie zu vergessen.
Meine Mutter rief mich, und da ich in meinem Glück vergaß, mich wieder anzuziehen und barfuß vor ihr erschien, obwohl es noch sehr kalt war, rief mich ihr verständlicher Ärger aus allen Himmeln. Mir dämmerte zum ersten Mal: ›Man kann alles auch anders sehen.‹ Damals war ich tief beunruhigt. Im Laufe meiner Jahre hat diese Tatsache ihren Schrecken verloren.
Es gehört zu den faszinierendsten Erfahrungen meines Lebens, zu sehen, dass die Wirklichkeit so viele Facetten hat, wie es Augen, Ohren, Nasen und Hände gibt, um sie zu erfassen. Es ist uns vertraut, die Welt durch eine Katastrophenbrille zu sehen. Gerade jetzt scheinen wir allen Anlass dazu zu haben. Als mutig gilt der, der es wagt, Aggression und Zerstörung ins Auge zu fassen.
Ich bin denen unendlich dankbar, die aus Katastrophen auferstanden sind, die das, was ihnen das Leben entgegenbrachte, nicht als falsch, unannehmbar, als Strafe oder Ungerechtigkeit bewerteten, wenn es hart war – und als selbstverständlich, wenn es gut war –, sondern die es nicht bewerteten, es anpackten als einen nur für sie erdachten Werkstoff, mit dem sie ihr Leben gestalten durften. Jeder und jede von ihnen tat es auf eine ganz einmalige Art. Sie sind mir zu Orientierungen auf meinem Weg geworden und schützen mich vor dem Hochmut, zu wissen, wie die Welt wirklich ist.« ELISABETH WELLENDORF

Inhalt

RÜCKBLICKE
• Man kann alles auch anders sehen
• Wir wussten nur, dass sie Antonia hieß
• Sterben im Sonnenuntergang
• Ich nannte ihn Elija
• Verhinderte Schönheit
• Das zweite Gesicht
• »Bis bald«
• Das ist mir noch immer ein Rätsel
• Sie hatte alles auf ihre ganz eigene Art gemacht
• Himmel ist für mich, wahrgenommen zu werden
• Zwei würdevolle Menschen
• Weihnachtsbescherung
• Man konnte ihn nicht verstehen, man konnte ihn nur erfahren
• Bilder der Wüste

ÜBERGÄNGE
• Erlösung
• Ein schönes Kind
• Eine ganz einmalige und zugleich höchst allgemeine Art von Leben
• Heute lächelt meine Schildkröte nicht
• Tod eines Kindes
• Schon wieder eine Feder weniger – Geschichte einer alten Frau
• Alles hat seine Zeit
• Herzwechsel
• Leben in Todesnähe

Über die Autorin:

Elisabeth Wellendorf,

geboren 1936, Malerin und Psychotherapeutin; Gründerin und langjährige Leiterin des Ausbildungsinstituts für psychoanalytische Kunsttherapie in Hannover. Achtjährige Arbeit in der Psychiatrie sowie zwölfjährige Tätigkeit in der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover im Transplantationsbereich. Heute arbeitet Elisabeth Wellendorf auf psychoanalytischem und kunsttherapeutischem Gebiet in freier Praxis.

3. Auflage, 144 Seiten, gebunden
EUR 16,80 
ISBN 3-932386-05-01