Form, Leben und Bewusstsein

Form, Leben und Bewusstsein

Einführung in die Menschenkunde der Anthroposophischen Medizin

von Armin J. Husemann |

Armin Husemann skizziert hier für Ärzte, Therapeuten, Studenten und interessierte Laien die Grundlagen und wesentliche Aspekte der Anthroposophischen Medizin.


EAN 9783772517020

Hersteller: Freies Geistesleben

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Er nimmt dabei den Leser mit auf eine spannende Entdeckungsreise durch das Reich der Mineralien, der Pflanzen, Tiere und des Menschen; für das medizinische Handeln eröffnen sich dabei vielfältige, ungewohnte Perspektiven.

In der Fülle naturwissenschaftlicher Einzelheiten suchen wir heute den ganzen Menschen. Der Autor zeigt Wege, wie man den Menschen wieder im Lebenszusammenhang mit der Natur und seiner geistigen Herkunft erfassen kann. Das ist auch für die Anthroposophische Medizin die wesentliche Grundlage. An vielen Beispielen wird illustriert, wie ein phänomenologisches Naturerkennen zu einem Verständnis des menschlichen Organismus und seiner verschiedenen Krankheitsbilder führt – und wie sich von hier aus Wege zu einem ganzheitlichen Heilprozess erschließen.

Inhaltsverzeichnis

1. Form und Leben: Die Körpersprache der Organe. Sklerose und Entzündung. Die Lebensspannung zwischen Herz und Lunge. Der Rhythmus trägt das Leben. Das Ganze lebt im Teil | 2. Leben und Bewusstsein: Der Weg nach innen im Tierreich. Das Hormon der Schilddrüse. Leben als Brücke zwischen Leib und Bewusstsein. Der Patient zwischen Psychologie und Neurologie. Wer ein Klavier trägt, hat nichts zu lachen. Griechischer Bildhauer bei der Arbeit. Die Aufrichtung als biomechanisches Problem. Denken: ein Sondermerkmal des Menschen? Die Lust auf Gefahr | 3. Der Mensch und die Naturvorgänge: Gebirgsformationen der Erde und Mineralisierungsprozesse im Menschen. Kieselsäureprozesse. Naturbilder des Eisens. Wie Pflanzen und Tiere mit ihren Geweben umgehen. Bäume, Giftpflanzen und Pilze | 4. Krankheitsbilder: Auge und Magen. Die Gallenblase. Neurasthenie und Hysterie. Übergewicht und Esssucht. Asthma. Migräne. Die Pneumonie. Fieber und Wille. Die Krebserkrankung | 5. Wirkprinzipien der Heileurythmie: Wachstums- und Muskelbewegungen. Mit der Wirbelsäule hören. Das Hinterhaupt von innen. | 6. Medizinisches Denken und ärztliche Moral: Das spezifisch Menschliche. Die Fähigkeit zu irren. Euthanasie heute. Der Mensch als Pflegefall. Der Tod – eine Erlösung?


Rezension

Als Thomas McKeen, Arzt und Begründer des anthroposophischen Ärzteseminars an der Filderklinik, an seinem 40. Geburtstag überraschend verstarb, übernahm Armin Husemann die Leitung dieses Seminars. Später nannte er es, im Gedenken an den von Rudolf Steiner so hoch geschätzten Arzt, ›Eugen-Kolisko-Akademie‹. Nach vielen Jahren des Lehrens erging an Armin Husemann der Auftrag, in einem Buch, quasi als Skript seiner Vorlesungen, die zentralen Inhalte des Hauptkurses zusammenzufassen. So entstand sein neuestes Werk ›Form, Leben und Bewusstsein‹.

Er konnte dabei insbesondere anknüpfen an sein Buch ›Der musikalische Bau des Menschen‹, jedoch auch an sein letztes Werk ›Der hörende Mensch und die Wirklichkeit der Musik‹. Zwei weitere Bände mit menschenkundlichen Ausarbeitungen über ›Die Blutbewegung und das Herz‹ sowie die Physiologie der kindlichen Entwicklung (›Vom Licht in die Schwere‹) sind in Vorbereitung. Immer ist die Methode die der plastischen, musikalischen und sprachlichen Menschenkunde, wie dargestellt in dem von ihm herausgegebenen Band ›Menschenwissenschaft durch Kunst‹.

Nach dem Abitur vor der Entscheidung stehend, Musik oder dann später Medizin zu studieren, konnte Armin Husemann sein Künstlertum immer wieder in Vorträgen und Kursen am Klavier, in praktischen-plastischen Übungen oder als Darsteller in Rudolf Steiners Mysteriendramen beweisen. Es kann im wahrsten Sinne des Wortes begeistern, das Wesen einer Krebserkrankung durch das Verständnis musikalischer Intervalle wie von innen zu verstehen – ähnlich wie Novalis in seinen medizinischen Fragmenten schreibt: »Jede Krankheit ist ein musikalisches Problem, die Heilung eine musikalische Auflösung«.

Beim Lesen von ›Form, Leben und Bewusstsein‹ kann deutlich werden, dass die Lehrinhalte, die in das Buch eingeflossen sind, in der ›EugenKolisko-Akademie‹ intensiv flankiert werden von eurythmischen, plastischen, sprachlichen und musikalischen Übungen des DozentenKollegiums. So wie neben Ärzten und Medizinstudenten inzwischen auch immer wieder nicht-ärztliche Therapeuten sowie Waldorflehrer diese goetheanistische Ausbildungsstätte mit Gewinn besuchen, dürften von Armin Husemanns Darstellungsweise in diesem Buch auch viele Leser anderer Berufsgruppen profitieren, die das Anliegen haben, eine in der Auseinandersetzung mit Anthroposophie geschulte »anschauende Urteilskraft« zu entwickeln.

Die medizinische Forschung der letzten Jahrzehnte hat zu einer immensen Vermehrung von Detailwissen – auch in den Grundlagenfächern Anatomie, Physiologie und Biochemie – geführt; immer mehr wurde der Arztberuf von der Notwendigkeit zunehmender Spezialisierung bestimmt, mit dem Vorteil, dass ich mich bei Rückenbeschwerden an einen hoch spezialisierten Wirbelsäulenchirurgen wenden kann. Er kann vielleicht mit einer Operation helfen, wenn die Schmerzen wirklich durch den diagnostizierten Bandscheibenvorfall bedingt waren – sind sie jedoch überwiegend psychosomatisch begründet, bleiben die Schmerzen vielfach bestehen und eine ganzheitliche Betrachtungsweise ist gefragt. Zu dieser führen gleich die ersten Kapitel von ›Form, Leben und Bewusstsein‹ hin. Das menschliche Skelett wird mit Kategorien erfasst, die sowohl seelisch, als auch physisch greifbar sind, z.B. »Offenheit und Geschlossenheit« oder »Form und Bewegung«. Im Sinne der Dreigliederung des menschlichen Organismus wird der Brustkorb sofort verständlich in seiner Morphologie und Funktion, an Herz und Lunge für diese Organe gestaltet zu sein. Können Herz und Lunge einfacher und zugleich treffsicherer charakterisiert werden als durch die Sätze »Atmung ist von Bewegung unterbrochene Ruhe. Herztätigkeit ist von Ruhe sehr kurz unterbrochene Bewegung«? Immer wieder gelingt es Armin Husemann in hervorragender Weise, Teilfunktionen – wie z.B. die des menschlichen Kehlkopfes in seiner komplizierten Physiologie – auf das Ganze des menschlichen Organismus zu beziehen, ein geistiges Band herzustellen, das vielfältige Bezüge schafft.

Bewegungsmangel als Ursache vieler sogenannter »Zivilisationskrankheiten« wie Diabetes mellitus Typ 2 ist heute in aller Munde. Auf wenigen Seiten schafft es der Autor, eine Beziehung zwischen Bewegung, Wärme, Entzündung und Kindheitskräften menschenkundlich zu begründen, die zeigt, dass das Problem nicht allein durch Joggen, sondern genauso durch geistige Beweglichkeit und künstlerische Kreativität gelöst werden muss. In diesem Sinne ist an Goethe zu erinnern, der von seinen »vielen Pubertäten« sprach, ohne die derartig grandiose Spätwerke wie die ›Marienbader Elegien‹ nicht möglich gewesen wären.

Wenig später trifft man auf die Überschrift: ›Der Tod mitten im Leben‹. Damit ist kein Kriminalroman gemeint, sondern der Sehvorgang, bei dem das Licht den Sehpurpur zerstört, der wieder aufgebaut werden muss, damit weiteres Sehen möglich ist. An vielen Tatsachen wird gezeigt, wie Bewusstsein und Todesprozesse, Abbau und Zerfall (z.B. von Strukturproteinen der Neuronen) zusammenhängen. Sogar die Maus bestätigt diesen Sachverhalt, in dem die länger schlafende Hausspitzmaus doppelt so lange lebt wie die kürzer schlafende Waldspitzmaus. Es berührt sehr, wenn im folgenden Kapitel am Beispiel des Märchens vom ›Gevatter Tod‹ dieser als Lehrer des Arztes gesehen wird, wie überhaupt die weitreichenden Inhalte des Buches in ihrer Bilderfülle letzten Endes wiederholt und meditativ gelesen sein wollen.

Nicht leicht zugänglich ist der Abschnitt über die Gebirgsformation der Erde und die Mineralisierungsprozesse im Menschen. Hier ist auf zwei Seiten ein zu großer Bogen geschlagen, die Fülle der erwähnten Gesteine für den NichtGeologen zu groß, und so werden z.B. die sieben Öffnungsbewegungen des ersten Mineralisationszyklus im Erzgebirge kaum erläutert.

Ein großartiger und sofort nachvollziehbarer Zusammenhang wird im Kapitel über die Migräne entwickelt. Ausgehend von einer Exkursion in die Schwäbische Alb erscheinen im weißen, braunen und schwarzen Jura die Wirkprinzipien des Migräneheilmittels ›Kephalodoron‹ wieder. Natur- und Krankheitsbetrachtung sind hier auf die glücklichste Weise vereint.

Die Überfülle der dargestellten Inhalte führt teilweise zu Sprüngen, aber gerade diese regen den Leser an, Themen weiterzubearbeiten, zu vertiefen, an der eigenen anschauenden Urteilskraft zu arbeiten. So kann mit großem Gewinn im Anschluss an die Schilderung der Entwicklung des Auges das Kapitel von Johannes W. Rohen über den Sehvorgang und die Sehbahn aus seiner ›Morphologie des menschlichen Organismus‹ studiert werden oder auch die ganze Biochemie des Vitamin A.

Vorbildlich und begeisternd gestaltet ist das Kapitel über die Wirkprinzipien der Heileurythmie. Man wünscht sich sofort ein umfassendes Lehrbuch über Eurythmie, in dem alle Laute so ausführlich wie das E goetheanistisch entwickelt werden. Neben Schulärzten profitieren Lehrer und Heilpädagogen aus dem bereits an anderer Stelle veröffentlichten Abschnitt über Legasthenie-Therapien der Waldorfschule. Aus der Metamorphose des Bewegungssinnes in den Lautsinn wird sowohl die heileurythmische Therapie als auch der therapeutische Ansatz im ergänzendem Förderunterricht begründet.

Das Schlusskapitel über medizinisches Denken und ärztliche Moral ist eine aktualisierte Fassung von Husemanns vergriffenem Buch über Euthanasie und zeigt, wie ethisches Handeln nur aus einer Menschenkunde heraus entwickelt werden kann, die in allen Lebensäußerungen des Menschen das Wirken eines Geistwesens als Ich-Organisation sehen kann. Nur dadurch unterscheidet sich der Mensch eindeutig vom Tier, nur dadurch ist zu verstehen, dass der Tod eines Tieres grundsätzlich anders als der Tod eines noch so schwer kranken oder behinderten Menschen verstanden werden muss. Sterben als Geistgeburt – auch hier wird wieder der Tod der Lehrer des Arztes.

Ich freue mich auf die noch kommenden Werke von Armin Husemann!

Quelle: Die Drei, Heft 4, 2016

Erscheinungsdatum: 10.06.2015
Auflage: 1.
Seiten: 224
Einbandart: gebunden, mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-7725-1702-0