Das unsichtbare Buch

Das unsichtbare Buch

Über das freie Erfinden und Erzählen von Geschichten für Kinder

von Torben Maiwald |

Das vorliegende Büchlein, der Autor nennt es gar "unsichtbar", umfasst gerade einmal 58 Seiten. Dennoch lesen wir es nicht auf einen Rutsch durch, denn dann würde uns Wesentliches entgehen. Während wir uns seinen meditativ-komplexen Text quasi auf der Zunge zergehen lassen, schließt sich der „unsichtbare“ Inhalt immer bezwingender auf. Unmerklich steigen wir tief hinunter (oder hoch hinauf) in die Gefilde des Geschichtenerzählens. (…) Dieses Büchlein behandelt etwas so Unscheinbares wie das Erzählen für Kinder.


EAN 0001234577511

Hersteller: Edition Widar

12,00 EUR *
Inhalt 1 St.
* inkl. ges. MwSt. zzgl. Versandkosten

Auf Lager

Welche Schätze der Einweihung dabei am Wegesrand aufblitzen, dessen werden wir Seite für Seite, Absatz für Absatz gewahr. Verknüpft ist Maiwalds Einführung mit den sechs Nebenübungen Rudolf Steiners. Und das funktioniert nicht nur, sondern schafft neue Qualitäten. (…) Wenn der Autor schildert, wie Kinder zuhören, reagieren, was sie in den Geschichten wünschen, springen einen die zarten Bilder förmlich an. Man spürt mit jeder Zeile, dass Maiwalds Anweisungen, Fragen und Antworten vielfach in der Praxis erprobt wurden. (…) Mit seinem dunklen Einband, auf dem eine Mondsichel leuchtet, eignet es sich hervorragend als preiswertes und doch kostbares Geschenk. Das Freilassende seines Geistes schlägt sich auch in folgender Sentenz nieder: „Für alles in diesem Büchlein Gesagte gilt: daß alle Hinweise, Hilfen und Anregungen letztlich im Tun geradezu verschwinden sollen, eingeschmolzen werden im gegenwärtigen künstlerischen Strom des Erzählens.“ Ronald Richter, in dieDrei 6/2016 Zu meinen schönsten Kindheitserlebnissen gehört das Hören von Geschichten. Das Geschichtenerzählen ist schon schwieriger! Denn wie leicht wirkt es verkrampft, wenn Märchen mehr oder weniger mühsam aus dem Gedächtnis abgerufen werden. Torben Maiwald ermutigt dazu, einfache Geschichten zu erzählen. Man nehme ein Tier, vielleicht einen Hasen. Er hat Hunger, findet aber nichts zu essen. Da kommt die Katze vorbei und führt den Hasen zu einem geschmolzenen Schneemann. Er braucht seine Mohrübennase nicht mehr; der Hase darf sie haben. So etwas kann wirklich jede/r aus dem Stehgreif entwickeln. Maiwald ist das freie Erzählen auch deshalb wichtig, weil sich an ihm das Kind nährt. Das freie Erzählen ist ein Schöpfungsakt, den das Kind nachvollzieht und den es später, verwandelt, als Erwachsener brauchen wird, um die Lebensaufgaben zu bewältigen. (…) Wer eine Geschichte vorliest, aus der Erinnerung erzaählt oder ein Handgestenspiel vormacht, gibt bereits bestehende Bilder; wer eine Geschichte frei erfindet, lässt das Kind einen noch offenen Lebensprozess unmittelbar miterleben! Das setzt voraus, in den erzählten Bildern selbst zu stehen. Unspektakulär weist Maiwald auf das spirituelle Potenzial des freien Erzählens hin, das durch die sechs sogenannten Nebenübungen vertieft wird. Rudolf Steiner schlug sie vor, um sich für fein- bis übersinnliche Wahrnehmungen reif zu machen. (…) Man lasse sich nicht davon abschrecken, dass sich Maiwald zuweilen unerwartet direkt auf die Trinität und Rudolf Steiner bezieht. Mir hat das Buch Mut gemacht, vom Schreiben ins freie Erzählen zu kommen. Sebastian Jüngel, Erziehungskunst 2/2016. Ist Kreativität und Spiritualität das Gleiche? Führen die Bemühungen auf dem anthroposophischen Schulungsweg zu mehr Schöpferkraft? Torben Maiwald fand heraus, dass die sechs Übungen zur Entwicklung des Herzchakras auch die besten Helfer auf dem Weg der Kreativität sind. In seinem ansprechenden Büchlein (…) zeigt er, wie Geschichten für Kinder erfunden, erzählt und weiterentwickelt werden können. Als Vater von fünf Kindern erfand er jahrelang selber jeden Abend Geschichten. Aus seiner Erfahrung schenkt er Anregungen und Hilfen, und dieser Weise immer wieder neu schöpferisch zu werden. Im Niederschreiben (…) entdeckte er, dass die Kapitel den sechs Herzübungen entsprechen, und stellte die entsprechenden Verbindungen her. (Diese Eigenschaften) offenbaren sich als Weg zur Schöpferkraft. Waren die großen Künstler der Menschheit Menschen, die diese sechs Übungen besonders gut beherrschten? Beruht das Geheimnis des Künstlers auf einem entwickelten Herzen? Dieses Büchlein weist mit anmutiger Leichtigkeit und ungezwungen und natürlich vorgebrachter Anthroposophie auf den Zusammenhang von Schulungsweg und Schöpfertum. Inspiration, Freude und Mut können aus der Lektüre dieses literarischen Kleinods gewonnen werden.

Johannes Greiner, Anthroposophie IV/2017


Rezension

Das vorliegende Büchlein, der Autor nennt es gar »unsichtbar«, umfasst gerade einmal 58 Seiten. Dennoch lesen wir es nicht auf einen Rutsch durch, denn dann würde uns Wesentliches entgehen. Während wir uns seinen meditativ-komplexen Text quasi auf der Zunge zergehen lassen, schließt sich der »unsichtbare« Inhalt immer bezwingender auf. Unmerklich steigen wir tief hinunter (oder hoch hinauf) in die Gefilde des Geschichtenerzählens. Ganz schlicht solle man beginnen und den Umfang der Übungen nur allmählich ausdehnen, lesen wir später in anderem Zusammenhang.

Dieses Büchlein behandelt etwas so Unscheinbares wie das Erzählen für Kinder. Welche Schätze der Einweihung dabei am Wegesrand aufblitzen, dessen werden wir Seite für Seite, Absatz für Absatz gewahr. Verknüpft ist Maiwalds Einführung mit den sechs Nebenübungen Rudolf Steiners. Und das funktioniert nicht nur, sondern schafft neue Qualitäten.

»So merkwürdig es klingt – aber eine Geschichte ist dann am lebendigsten, wenn der Erzähler selbst gar nicht weiß, welchen Verlauf sie nehmen wird, ja womit sie überhaupt beginnt.« Mit diesen Worten macht Maiwald uns zu Beginn des Büchleins klar, dass eine Geschichte nicht vom Himmel fällt. »Eher geht es um die Bereitung eines gut befestigten Flussbettes«, fährt er fort, »in dem der Strom der Geschichte fließen kann.« So könne beim Erzählen »immer mehr lebendige Erfahrung werden, daß nicht wir die Geschichte ›machen‹«, sondern dass sie zu uns kommt, »wenn wir entsprechend vorbereitet, gestimmt sind«.

Einerseits verweist dies auf einen Umstand, den wohl jeder Erzähler oder Schreiber von fiktiven oder wahren Geschichten (also auch der Journalist) schon einmal gemacht hat: dass alle Geschichten immer schon da sind. Selbst in den Psalmen finden wir einen Niederschlag davon: »Noch liegt mir das Wort nicht auf der Zunge – / du, Herr, kennst es bereits.« (Ps 139,4)

Andererseits kommen wir damit zu den ersten beiden Nebenübungen. Wenn auch alles schon da ist, gibt es doch das gefürchtete: Wie geht es weiter? Dazu sagt Torben Maiwald: »Ein wirksames Mittel, das Erzähllücken zu einer großen Ausnahme werden lässt, ist es, sich im Bilden klarer und geordnet aufeinanderfolgender Gedanken zu üben.« Und wie könnten wir dies besser tun als mit der Gedankenübung Rudolf Steiners, bei der »ein zweiter Gedanke aus einem ersten ›geboren‹« werden soll – und somit die Geschichte in Fluss kommt?

Dem Fließen und Strömen muss allerdings erst Raum geschaffen, »viel ›Gerümpel‹ von Konvention, allgemeinen Gesetzen, Dogmen, Richtlinien, Meinungen« will fortgeräumt werden. Dies führt uns zur zweiten Nebenübung, bei der wir lernen, unseren Willen »zielgerichtet in der Welt zu betätigen«. Auch so etwas wie die Triebkraft der Geschichte kann dadurch besser in uns wirksam werden.

Selbstverständlich eignet sich die fünfte Nebenübung – die der Unbefangenheit – am allerbesten für das Geschichtenerzählen. Wie anders als staunend dem Neuen zugewandt, eben aus einem kindlichem Geist heraus, kann man Geschichten erzählen?

Wenn der Autor schildert, wie Kinder zuhören, reagieren, was sie in den Geschichten wünschen, springen einen die zarten Bilder förmlich an. Man spürt mit jeder Zeile, dass Maiwalds Anweisungen, Fragen und Antworten vielfach in der Praxis erprobt wurden. Dies geschah zum einen bei Seminaren des Autors – bei dem im Übrigen der Musiker, der er zudem ist, nicht übersehen werden kann; aber vor allem übte er sich im Erzählen an den eigenen Sprösslingen, vier Jungs und ein Mädchen, die mittlerweile vier bis zwölf Jahre alt sind.

Daraus entstanden auch berührende Vorschläge zum Geburtstagserzählen. Vorgeschlagen wird, es mit dem Engel beginnen zu lassen, der dem Kind sagt: »›Es ist nun Zeit‹. Dann nimmt er es an der Hand und geleitet es hinunter zur Erde.« Ob nun das Kind »auf der Himmelswiese dem Engel entgegenschwebt oder -eilt, ob es mehrfach gerufen werden muß oder sogleich freudig herbeikommt«, dies sei den betreffenden Kindern nach auszugestalten – auch, ob dem Mädchen oder Jungen noch eine besondere Begabung mitgegeben soll und ob der »›Sprung‹ auf die Erde eher zaghaft oder voll forscher Entschlossenheit« geschieht – schließlich: »wie die Ankunft auf der Erde gelingt«.

Während wir also diese Erkenntnisse in Sachen Geschichtenerzählen wie Blumen von der »Himmelswiese« pflücken und dabei auch etwas über den poetischen Gehalt der Nebenübungen erfahren, deren Anwendung uns laut Maiwald eine »Schönheitskonstitution« verleihen kann, stoßen wir immer weiter vor in eine Bildsphäre, die bis hin zum »Hellsehen« reicht. Maiwald schlägt vor, die zuhörenden Kinder etwas in ein »›unsichtbares‹ Buch mit leeren Seiten« eintragen zu lassen. Dabei ginge es weniger um bestimmte Inhalte, die der Erzähler unter Umständen sogar erkennen kann, sondern um gelassene, freudige Erwartung: »die Kraft der Erwartung selbst – eine offene Schale«.

Die Anfang letzten Jahres von Steffen Hartmann und Torben Maiwald gegründete Edition Widar trägt den Namen eines Engelwesens. Widar sei der große Schweiger, lesen wir dazu auf der Webseite. Durch Widar komme Neues in die Welt, »meist auf unscheinbaren Wegen«. Torben Maiwalds ›Unsichtbares Buch‹ gehört bestimmt dazu. Mit seinem dunklen Einband, auf dem eine Mondsichel leuchtet, eignet es sich hervorragend als preiswertes und doch kostbares Geschenk. Das Freilassende seines Geistes schlägt sich auch in folgender Sentenz nieder: »Für alles in diesem Büchlein Gesagte gilt: daß alle Hinweise, Hilfen und Anregungen letztlich im Tun geradezu verschwinden sollen, eingeschmolzen werden im gegenwärtigen künstlerischen Strom des Erzählens.«

Quelle: Die Drei, Heft 6, 2016

Erscheinungsdatum: 2018
Auflage: Erweiterte Neuauflage
Seiten: 84
Bindeart: Softcover