Naturwissenschaft, Medizin und Gesellschaft

Naturwissenschaft, Medizin und Gesellschaft

Reflexionen in Auschwitz-Birkenau

von Georg Soldner | 12.09.2022

Unter dem Titel «Medizin ohne Menschlichkeit. Lehren und Lernen von Auschwitz» veranstaltete die Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) in der Zeit vom 10. bis zum 13. März 2022 ein Seminar an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau (Polen). Die von der Universität Witten/ Herdecke (Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin) seit 2008 in medizinethischen Seminaren mit Dr. phil. Krzysztof Anton aufgebaute Zusammenarbeit ermöglichte auch 2022, im Schatten des nahen Krieges in der Ukraine, über die Verbrechen an diesem Ort, über die Täter und Opfer nachzudenken. Mit im Zentrum unserer Fragen stand dabei einmal mehr die Beteiligung und innere Haltung der SS-Ärzte am «biopolitisch» motivierten Vorgang der Menschenselektion, der Menschenversuche und -tötungen – und die Fragen nach den geistigen Grundlagen, auch innerhalb des medizinischen Systems selbst.


EAN 9783906947686

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Unter dem Titel «Medizin ohne Menschlichkeit. Lehren und Lernen von Auschwitz» veranstaltete die Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) in der Zeit vom 10. bis zum 13. März 2022 ein Seminar an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau (Polen). Die von der Universität Witten/ Her- decke (Integriertes Begleitstudium Anthroposophische Medizin) seit 2008 in medizinethischen Seminaren mit Dr. phil. Krzysztof Anton aufgebaute Zusammenarbeit1 ermöglichte auch 2022, im Schatten des nahen Krieges in der Ukraine, über die Verbrechen an diesem Ort, über die Täter und Opfer nachzudenken. Mit im Zentrum unserer Fragen stand dabei einmal mehr die Beteiligung und innere Haltung der SS-Ärzte am «biopolitisch» motivierten Vorgang der Menschenselektion, der Menschenversuche und -tötungen – und die Fragen nach den geistigen Grundlagen, auch innerhalb des medizinischen Systems selbst.

In seinem Artikel «Euthanasie und Menschenversuche» vertrat Viktor von Weizsäcker bereits 1947 die Auffassung, «dass die moralische Anästhesie gegenüber den Leiden der zu Euthanasie und Experimenten Ausgewählten begünstigt war durch die Denkweise einer Medizin, welche den Menschen betrachtet wie ein chemisches Molekül oder einen Frosch oder ein Versuchskaninchen.» Es gehe darum, so von Weizsäcker damals, den «Geist» der Medizin und insbesondere der «naturwissenschaftlich-biologischen Medizin» und Pathologie zu prüfen und zu hinterfragen, welche Art von Medizin dem Nationalsozialismus so dienstbar entgegengekommen sei: «Was für eine Medizin ist es denn, die so terrorisierbar und verführbar war? Es muss einen Grund in der Medizin selbst geben.» An anderer Stelle (1946) schrieb von Weizsäcker: «Wie, wenn das Weltbild der Naturwissenschaft, seine Vorherrschaft in der Medizin eine Ursache einer entmenschten Tätigkeit werden könnte, ja geworden ist? Ich behaupte dies.»4


Georg Soldner, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Leiter der Akademie der GAÄD und stellvertretender Leiter der Medizinischen Sektion am Goetheanum, sprach zu den Teilnehmern des Seminars am Abend des 12. März 2022 zu dem Thema: «Die Naturwissenschaft und die Gefährdung der Medizin: damals, heute, morgen». Die ausgearbeitete Schriftfassung seines Beitrags bildet den Inhalt des vorliegenden Buches, das von großer Bedeutung für ein Verständnis des Gewesenen und für die Vorbereitung einer anderen Zukunft ist, inmitten aktueller Herausforderungen.5

Ita Wegman Institut
Peter Selg Arlesheim, Mai 2022

1 Vgl. hierzu Selg, P.: Nach Auschwitz. Auseinandersetzungen um die Zukunft der Medizin. Verlag des Ita Wegman Instituts, Arlesheim, 2020. Vgl. a. https:/// www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(19)32613-3/full- text. Die Seminar-Dokumentationen der Studierenden sind elektronisch verfüg- bar: https://ibam.uni-wh.de/studium/links-downloads.

2 Weizsäcker, V. v.: Gesammelte Schriften 7. Allgemeine Medizin /Grundfragen medizinischer Anthropologie. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. 1987, S. 134.

3 Ebd., S. 104.

4 Weizsäcker, V. v.: Bemerkungen zu dem Gutachten von Herrn Jaspers über
den Antrag Mitscherlich (30.7.1946): In: Henkelmann, Th.: Viktor von Weizsä- cker (1886 – 1957). Materialien zu Leben und Werk. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1986, S. 167.

5 Vgl. Anm. 1.

Erscheinungsdatum: 14.09.2022
Auflage: 1. Auflage
Produktform: Softcover, MP3
Seiten: ca. 64
Format: 170 x 1050 mm
ISBN: 978-3-906947-68-6