Zeugnissprüche

Vortrag der Zeugnissprüche an WaldorfschulenAn Waldorfschulen ist es üblich, dass Kinder der Klasse 2-8 pro Schuljahr zu ihrem Zeugnis einen individuellen Zeugnisspruch von ihrem Klassenlehrer erhalten. Dieser Spruch, der beim sogenannten rhythmischen Teil nach dem Morgenspruch von den Schülern selbst vorgetragen wird (wöchentlich an dem Tag, an dem sie geboren wurden), begleitet die Kinder durch das Schuljahr und bei ihrer Entwicklung. Üblicherweise schreiben die Lehrer die Zeugnissprüche für ihre Schüler selbst, es ist aber auch möglich, sich Anregungen und Inspiration von bereits existierenden Sprüchen oder Gedichten zu holen. Ein beliebtes Buch bei Waldorflehrern mit selbst verfassten Zeugnissprüchen ist die anregende Sammlung "Zeugnissprüche" von Ludger Helming-Jacoby.

Rudolf Steiner über die Zeugnissprüche

"Und dann schreiben wir in das Zeugnis noch etwas anderes hinein. Wir verbinden Vergangenheit mit Zukunft. Wir kennen das Kind, wissen, ob es in der Willenstätigkeit, im Gefühlsleben, in der Denkaktivität fehlt, wissen, ob die oder jene Emotionen prädominieren. Danach formen wir für jede einzelne Kindesindividualität in der Waldorfschule einen Kernspruch. Den schreiben wir in das Zeugnis hinein. Der soll eine Richtschnur für das ganze nächste Schuljahr sein. Das Kind nimmt diesen Kernspruch so auf, daß es immer daran denken muß. Und dieser Kernspruch hat dann die Eigenschaft, auf den Willen oder auf die Affekte oder Gemütseigenschaften in entsprechender Weise ausgleichend, kontrollierend einzuwirken." – Rudolf Steiner am 24. August 1924 auf dem Kongreß über "Spiritual Values in Education and Social Life" in Oxford über Wesen und Aufgabe der Zeugnissprüche in der Waldorfschule

 

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    Zeugnissprüche
    Wolfgang F. Vogt Für die Unter-, Mittel- und Oberstufe Jede Individualität und jede Altersstufe braucht ihren Wegweiser. Die vorliegende Sammlung von 168 Zeugnissprüchen entstand für Schülerinnen und Schüler der Unter-, Mittel- und Oberstufe.
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    Pädagogische Forschungsstelle beim Bund der Freien Waldorfschulen e. V. | Zeugnissprüche, Ludger Helming-Jacoby | Sprüche aus dem Hauptunterricht einer Waldorfschule und Sprüche aus dem Hauptunterricht einer Waldorfschule Zeugnissprüche und Sprüche aus dem Hauptunterricht einer Waldorfschule.
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    Christine Krüger Erzählen, Sprechen, Spielen, Schreiben, Heimat - Mensch - Tier Fragen eines Waldorflehrers der Klassen 1 - 4 Anregungen zur Beantwortung finden Sie in diesem Büchlein.
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  • Ach, tausend Dinge möcht`ich schaffen…
    Margaret Schuh Gedichte für Kinder Entstanden sind die Gedichte als Zeugnissprüche für Schüler und Schülerinnen einer Waldorfschule, viele können aber auch mit der ganzen Klasse gesprochen oder bewegt werden und vielleicht sogar zu Hause erfreuen.
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  • Das Lied des Fährmanns
    Christian Breme Zeugnissprüche und poetische Bereicherungen des Unterrichtes Die hier versammelten Sprüche und Gedichte sind einer Schar von Kindern gewidmet, die dier Autor als Klassenlehrer führen durfte. Manche von ihnen wurden für Poesiealben geschrieben, andere entstanden als Zeugnissprüche und wieder andere als poetische Bereicherung des Unterrichtes. So sind es Fußstapfen eines gemeinsam beschrittenen Weges und zugleich eine Wegzehrung, deren Kraft über die Schulzeit hinausreichen möge.
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    Gisela Klonk Pädagogik in Versen "Ich habe den Titel dieser Spruchsammlung "Pädagogik in Versen" gewählt, weil ich die Anregung Rudolf Steiners so verstanden habe, dass eine rhythmisch gestaltete Sprache heilend auf die Atmung der Kinder wirkt und dass Vokalisches und Konsonantisches das Empfinden im Seelischen - und damit das Innen- und Außenleben - in ein gesundes Gleichgewicht bringen kann,
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Bedeutung der Zeugnissprüche an Waldorfschulen

Beim Zeugnisspruch geht es darum, dass das Kind auf einer bildhaft-imaginativen Ebene ein Gefühl für seine innere Entwicklungsrichtung bekommt. Dabei kommt sowohl dem Inhalt, als auch der Versstruktur und des Rhythmus Bedeutung zu, da das Sprechen eines bestimmten Rhythmus heilsam und anregend auf die Körperrhythmen der Schüler einwirken kann (siehe dazu "Von der heilenden Kraft des Wortes und der Rhythmen: Die Zeugnissprüche in der Erziehungskunst Rudolf Steiners (Menschenkunde und Erziehung)" von Heinz Müller (nur noch gebraucht erhältlich). 

Der Spruch soll als eine Art Leitmotiv oder Wegweiser für das Schuljahr oder im Idealfall für das ganze Leben des Schülers dienen, das zu entwickeln, was als Keim und Potenzial in der Seele des Kindes liegt. Vom Lehrer wird daher eine hohe Beobachtungsgabe für den Charakter und das Temperament des Kindes gefordert, sowie ein intuitives Einfühlungsvermögen für das keimhaft-mögliche, was sich noch entwickeln kann, sodass das Kind als souveräne Individualität im Leben stehen und tätig sein kann. Gefordert ist also ein Blick, der dieses Potenzial oder diese Entwicklungsrichtung auch erahnen kann. 

Rhythmischer Teil an Waldorfschulen

Das Sprechen der Zeugnissprüche und des Morgenspruchs sind Teil des sogenannten rhythmischen Teil des  Hauptunterrichts, den der Klassenlehrer einer Waldorfschule führt. Dabei werden auch Lieder gesungen, Klatschspiele gespielt oder sich im Rhythmus bewegt. Dies aktiviert und harmonisiert die physiologischen Rhythmen im Körper der Schüler wie Herzschlag und Atmung und hat gleichzeitig eine aufweckende und gesundheitsfördernde Wirkung. Erst danach folgt der eigentliche Unterricht, wobei die am Vortag behandelten Inhalte, die in der Nacht verarbeitet wurden, in der Regel zuvor kurz wiederholt werden.

Die Morgensprüche

Ein elementarer Bestandteil des rhythmischen Teil ist neben dem Zeugnisspruch noch der Morgenspruch. Es gibt für die Unterstufe und Mittel- bzw. Oberstufe zwei unterschiedliche Morgensprüche.

Der Morgenspruch für die Klassen 1-4:

Der Sonne liebes Licht,
Es hellet mir den Tag;
Der Seele Geistesmacht,
Sie gibt den Gliedern Kraft;
Im Sonnen-Lichtes-Glanz
Verehre ich, o Gott, 
Die Menschenkraft, die Du
In meine Seele mir
So gütig hast gepflanzt, 
Dass ich kann arbeitsam
Und lernbegierig sein.
Von Dir stammt Licht und Kraft, 
Zu dir ström' Lieb und Dank. 

Rudolf Steiner

Der Morgenspruch für die Klassen 5-12:

Ich schaue in die Welt;
In der die Sonne leuchtet,
In der die Sterne funkeln;
In der die Steine lagern,
Die Pflanzen lebend wachsen,
Die Tiere fühlend leben,
In der der Mensch beseelt
Dem Geiste Wohnung gibt;
Ich schaue in die Seele,
Die mir im Innern lebet.
Der Gottesgeist, er webt
Im Sonn'- und Seelenlicht,
Im Weltenraum, da draußen,
In Seelentiefen drinnen. - 
Zu Dir, o Gottesgeist,
Will ich bittend mich wenden,
Dass Kraft und Segen mir
Zum Lernen und zur Arbeit
In meinem Innern wachse.

Rudolf Steiner